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Einkaufsoptimierung in Dienstleistungsunternehmen

 

Einkaufsoptimierung in Dienstleistungsunternehmen
Einkaufsoptimierung in Dienstleistungsunternehmen

Die Einkaufsoptimierung in Dienstleistungsunternehmen zielt darauf ab, die Profitabilität zu steigern, indem indirekte Kosten (z. B. IT, Marketing, Facility) systematisch gesenkt und Prozesse verschlankt werden. Im Kern geht es darum, den unkontrollierten “wilden Einkauf” (Maverick Buying) durch Fachabteilungen zu beenden, Bedarfe zu bündeln und digitale Beschaffungswege zu etablieren. Da Dienstleister keine physischen Rohstoffe verarbeiten, liegt der Schlüssel zum Erfolg hier nicht im Materialpreis, sondern im Prozessmanagement und der Wahl des richtigen Vergütungsmodells.

 

 

1. Definition: Was ist Einkaufsoptimierung im Dienstleistungssektor?

Die Einkaufsoptimierung in Dienstleistungsunternehmen bezeichnet die strategische Neuausrichtung und operative Verbesserung aller Beschaffungsvorgänge, die nicht der Produktion von physischen Gütern dienen.

Anders als in der Industrie, wo der “direkte Einkauf” (Rohstoffe für das Endprodukt) dominiert, liegt der Fokus bei Dienstleistern fast ausschließlich auf dem indirekten Einkauf (Non-Product Related Spend).

Kernaspekte der Definition:

  • Objekt: Es werden keine Rohstoffe für eine Fabrik gekauft, sondern Dienstleistungen (Beratung, Reinigung, Wartung), Lizenzen, Hardware und Verbrauchsgüter, die den Geschäftsbetrieb aufrechterhalten.
  • Ziel: Das Hauptziel ist die Reduzierung der Gemeinkosten (Overhead Costs) bei gleichzeitiger Sicherstellung der Servicequalität und Compliance.
  • Methode: Dies geschieht durch Bündelung von Einkaufsvolumina, Standardisierung von Dienstleistungsverträgen (SLAs) und die Einführung zentraler Genehmigungsprozesse.

Kurz gesagt: Es ist der Wandel vom reinen „Bestellbüro“ hin zu einem strategischen Partner, der aktiv die Kostenstruktur des Unternehmens verbessert.

 

2. Warum der Einkauf bei Dienstleistern oft unterschätzt wird

In der produzierenden Industrie ist der Einkauf traditionell ein Machtzentrum: Rohstoffe müssen „Just-in-Time“ und günstig da sein, sonst steht das Band still. In Dienstleistungsunternehmen (z. B. Banken, Versicherungen, Agenturen, Beratungen oder Logistik) fehlt dieser direkte Druck durch eine Stückliste (Bill of Materials).

Daher wird der Einkauf hier oft nur als administrativer „Abwickler“ gesehen. Das ist ein teurer Irrtum. Bei Dienstleistern machen die sogenannten indirekten Kosten oft einen enormen Teil des Umsatzes aus.

“Der Einkauf ist der effektivste Hebel zur Gewinnsteigerung, da jeder eingesparte Euro ohne Abzüge direkt auf das Betriebsergebnis durchschlägt, während Umsatzsteigerungen immer Kosten verursachen.”

Typische Ausgabenblöcke sind:

  • IT-Lizenzen und Hardware
  • Marketing- und Werbedienstleistungen
  • Externe Berater und Zeitarbeit
  • Facility Management und Energie
  • Reisekosten und Fuhrpark

Eine Optimierung dieser Kostenblöcke hat einen direkten Hebel auf das EBIT. Wenn Sie bei einer Umsatzrendite von 5 % den Einkauf um 5 % optimieren, kann das den Gewinn unverhältnismäßig stark steigern (Profit-Leverage-Effekt).

 

3. Die größten Herausforderungen: Indirekter Bedarf und Maverick Buying

Bevor man optimieren kann, muss man die Probleme verstehen, die speziell im Dienstleistungssektor auftreten.

Die Unfassbarkeit der Leistung

Es ist leicht zu prüfen, ob eine gelieferte Stahlschraube den Maßen entspricht. Es ist jedoch schwer zu messen, ob eine Marketingagentur oder ein Unternehmensberater „gut“ eingekauft wurde. Fehlende Spezifikationen (Lastenhefte) führen oft zu nachträglichen Preiserhöhungen oder unklaren Leistungsumfängen.

Maverick Buying (Wilder Einkauf)

Dies ist das größte Problem in Dienstleistungsunternehmen. Fachabteilungen bestellen am Einkauf vorbei.

  • Die Marketingleitung bucht den Freelancer, den sie kennt.
  • Die IT kauft Softwarelizenzen ohne Rahmenvertrag.
  • Der Vertrieb bucht Hotels außerhalb der Reiserichtlinie.

Die Folge: Keine Bündelungseffekte, schlechtere Preise und rechtliche Risiken (Compliance).

Dezentrale Strukturen

Oft gibt es keinen zentralen Einkauf. Jeder Standort oder jede Business Unit kauft für sich selbst ein. Dadurch weiß die Zentrale oft gar nicht, wer eigentlich welche Lieferanten wofür bezahlt.

 

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4. 5 Strategien zur Einkaufsoptimierung

Um den Einkauf vom reinen Abwickler zum Wertschöpfer zu transformieren, sollten folgende fünf Schritte priorisiert werden.

“Man kann nicht managen, was man nicht messen kann – Transparenz ist daher immer der erste und wichtigste Schritt jeder Optimierung.”

 

Schritt 1: Transparenz schaffen (Spend Analysis)

Sie müssen wissen, wohin das Geld fließt. Führen Sie eine umfassende Ausgabenanalyse durch.

  • Wer kauft ein?
  • Was wird gekauft? (Warengruppen)
  • Bei wem wird gekauft? (Lieferanten)
  • Zu welchen Preisen?

Schritt 2: Warengruppenmanagement einführen

Teilen Sie die Ausgaben in logische Kategorien (z. B. IT, HR-Services, Facility). Verantwortliche „Warengruppenmanager“ (Category Manager) kümmern sich dann spezifisch um diese Cluster, anstatt dass ein Einkäufer alles von Bleistiften bis zur Unternehmensberatung beschafft.

Schritt 3: Bedarf bündeln und Rahmenverträge schließen

Nutzen Sie die Daten aus Schritt 1, um Volumen zu bündeln.
Beispiel: Statt dass 5 Abteilungen bei 5 verschiedenen Druckereien bestellen, wird ein Rahmenvertrag mit einer Druckerei für das gesamte Unternehmen geschlossen. Das senkt die Preise und vereinheitlicht die Qualität.

Schritt 4: Standardisierung von Dienstleistungen (SLA)

Da Dienstleistungen schwer greifbar sind, müssen Service Level Agreements (SLAs) definiert werden.
Definieren Sie genau, was „Reinigung“ beinhaltet (z. B. Frequenz, Quadratmeter, Reinigungsmittel) oder welche Reaktionszeiten der IT-Dienstleister garantieren muss.
Nur so werden Angebote vergleichbar.

Schritt 5: Maverick Buying bekämpfen

Dies gelingt durch eine Mischung aus „Zuckerbrot und Peitsche“:

  • Richtlinien: Klare Unterschriftenregelungen (z. B. „Kein Auftrag über 5.000 € ohne Einkauf“).
  • Komfort: Wenn der offizielle Beschaffungsweg einfacher und schneller ist als der „wilde Einkauf“ (z. B. über Katalogsysteme), werden die Mitarbeiter ihn auch nutzen.

 

5. Deep Dive: Preismodelle strategisch nutzen (Time & Material vs. Festpreis)

Viele Einkäufer konzentrieren sich bei Dienstleistungen ausschließlich auf die Verhandlung von Stundensätzen oder Tagessätzen. Ein erfahrener Einkaufsexperte weiß jedoch: Der Hebel liegt nicht im Satz, sondern im Modell.

Hier ist ein tieferer Blick darauf, wie Sie durch die Wahl des richtigen Abrechnungsmodells Risiken minimieren und Kosten senken.

Modell A: Time & Material (Nach Aufwand)

Hier bezahlen Sie für die Zeit, die der Dienstleister investiert (Dienstvertrag).

  • Das Risiko: Liegt zu 100 % bei Ihnen als Auftraggeber. Wenn der Dienstleister langsam arbeitet oder Fehler macht, zahlen Sie mehr.
  • Wann sinnvoll: Bei agilen Projekten, bei denen das Ziel zu Beginn noch unklar ist (z. B. innovative Softwareentwicklung, Krisenmanagement).
  • Optimierungs-Tipp: Vereinbaren Sie immer einen “Cap” (Kostendach). Das bedeutet: Abrechnung nach Aufwand, aber maximal bis Summe X.

Modell B: Festpreis (Werkvertrag)

Hier bezahlen Sie für ein definiertes Ergebnis, unabhängig davon, wie lange der Dienstleister dafür braucht.

  • Das Risiko: Liegt beim Dienstleister. Er muss effizient arbeiten, um Marge zu machen.
  • Wann sinnvoll: Bei klar definierten Aufgaben (z. B. Erstellung einer Website nach Lastenheft, Reinigung von 500qm Bürofläche, Durchführung einer Studie).
  • Optimierungs-Tipp: Nutzen Sie Festpreise, um Budgetsicherheit zu erlangen. Achten Sie aber penibel auf das Lastenheft. Ist die Anforderung unklar, wird der Dienstleister hohe Risikoaufschläge (Risk Buffer) in den Preis einkalkulieren.

Die Transformation schaffen

Ein wesentliches Ziel der Einkaufsoptimierung ist der Shift von Time & Material hin zu Festpreisen (oder output-orientierten Modellen). Dies zwingt Fachabteilungen dazu, ihre Anforderungen präziser zu formulieren, und motiviert Lieferanten zu höherer Produktivität.

 

6. Digitalisierung als Beschleuniger (E-Procurement)

Manuelle Prozesse sind der Feind der Effizienz. In modernen Dienstleistungsunternehmen sollten Procure-to-Pay (P2P) Systeme im Einsatz sein.

Vorteile digitaler Einkaufslösungen:

  • Katalogsysteme: Für Standardartikel (Büromaterial, IT-Zubehör) können Mitarbeiter wie in einem Onlineshop bestellen. Der Einkauf hat die Artikel und Preise vorher verhandelt.
  • Genehmigungsworkflows: Bestellungen werden automatisch zum richtigen Vorgesetzten zur Freigabe geleitet.
  • Rechnungsprüfung: Wenn Bestellung und Rechnung übereinstimmen, kann die Buchung automatisiert erfolgen (Dunkelverbuchung).

Dies entlastet den Einkauf von operativer Arbeit, sodass mehr Zeit für strategische Verhandlungen bleibt.

 

7. Fazit zur Einkaufsoptimierung in Dienstleistungsunternehmen

Die Einkaufsoptimierung in Dienstleistungsunternehmen ist ein oft unterschätzter Hebel zur Ergebnisverbesserung. Die Herausforderung liegt weniger in der Preisverhandlung von Rohstoffen, sondern im Management komplexer Dienstleistungen, der Steuerung indirekter Kosten und der Disziplinierung interner Bedarfsträger (Vermeidung von Maverick Buying).

Wer Transparenz über seine Ausgaben schafft, Bedarfe bündelt und strategisch zwischen Vergütungsmodellen (Deep Dive) wählt, kann nicht nur Kosten senken, sondern auch die Qualität der zugekauften Leistungen signifikant steigern und Compliance-Risiken minimieren.

 

8. FAQ zur Einkaufsoptimierung in Dienstleistungsunternehmen

Was ist der Unterschied zwischen direktem und indirektem Einkauf?

Der direkte Einkauf umfasst Materialien, die direkt in das Endprodukt eingehen (z. B. Holz für einen Tischler). Der indirekte Einkauf umfasst alles, was für den Betrieb notwendig ist, aber nicht Teil des verkauften Produkts ist (z. B. Büroausstattung, Energie, IT-Software, Reinigung). Bei der Einkaufsoptimierung in Dienstleistungsunternehmen dominiert fast immer der indirekte Einkauf.

Wie kann man “Maverick Buying” verhindern?

Durch drei Maßnahmen:

  1. Klare Einkaufsrichtlinien, die vom Management gestützt werden.
  2. Einfache, benutzerfreundliche Bestellsysteme (E-Procurement), die den “korrekten” Weg zum einfachsten Weg machen.
  3. Konsequentes Controlling: Rechnungen ohne Bestellbezug werden hinterfragt oder abgelehnt.

Welche KPIs sind im Dienstleistungseinkauf wichtig?

Wichtige Kennzahlen sind:

  • Spend under Management: Wieviel Prozent des Einkaufsvolumens läuft tatsächlich kontrolliert über die Einkaufsabteilung?
  • Einsparungen (Savings): Vergleich zum Vorjahrespreis oder zum Marktpreis.
  • Automatisierungsgrad: Wieviele Bestellungen laufen berührungslos (No-Touch) durch das System?
  • Lieferantentreue: Wie sehr werden die bevorzugten Lieferanten genutzt?

Lohnt sich eine Einkaufsabteilung für kleine Dienstleister?

Ja, aber oft in anderer Form. Bei kleinen Unternehmen muss es keine ganze Abteilung sein. Es reicht oft, wenn eine Person die Verantwortung („Hut auf“) für Verhandlungen und Rahmenverträge bekommt, anstatt dass jeder Mitarbeiter selbst bestellt. Alternativ können sich kleine Unternehmen Einkaufsgemeinschaften anschließen, um bessere Konditionen zu erhalten.

Mario Schmidtgen

Mario Schmidtgen

Co-Founder & CEO

Mario Schmidtgen und Tobias Maurer haben zusammen über 30 Jahre Erfahrung in der Einkaufsberatung.

Tobias Maurer

Co-Founder

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