Beschaffungsprozesse optimieren

Beschaffungsprozesse optimieren bedeutet die systematische Analyse und Verbesserung aller Schritte von der Bedarfsmeldung bis zur Bezahlung (Procure-to-Pay).
Die 3 wichtigsten Hebel:
- Digitalisierung: Einsatz von E-Procurement-Systemen zur Automatisierung manueller Aufgaben.
- Lieferantenmanagement: Konsolidierung der Lieferantenbasis und strategische Partnerschaften.
- Standardisierung: Vermeidung von “Maverick Buying” (wildem Einkaufen) durch klare Genehmigungsworkflows.
Das Ergebnis: Unternehmen können durch optimierte Prozesse oft 10% bis 20% der Prozesskosten einsparen und die Durchlaufzeiten massiv verkürzen.
Definition: Was bedeutet “Beschaffungsprozesse optimieren”?
Bevor man in die Umsetzung geht, ist eine klare Begriffsbestimmung notwendig. Die Optimierung von Beschaffungsprozessen bezeichnet die systematische Analyse, Straffung und Verbesserung aller Abläufe, die notwendig sind, um Waren und Dienstleistungen in ein Unternehmen zu bringen.
Dies umfasst nicht nur den reinen Einkaufsvorgang („Bestellung auslösen“), sondern den gesamten Zyklus – oft als Source-to-Pay oder Procure-to-Pay bezeichnet.
Die Optimierung zielt dabei immer auf drei zentrale Dimensionen ab:
- Kosteneffizienz: Senkung der direkten Einkaufspreise sowie der internen Prozesskosten (z. B. Verwaltungsaufwand pro Bestellung).
- Zeitersparnis: Verkürzung der Durchlaufzeiten von der Bedarfsmeldung bis zur Warenverfügbarkeit.
- Qualität & Compliance: Sicherstellung, dass genau das geliefert wird, was bestellt wurde, und dass dabei alle internen Richtlinien (Compliance) eingehalten werden.
Im Kern geht es darum, Verschwendung zu eliminieren. Ein optimierter Beschaffungsprozess läuft weitgehend automatisiert im Hintergrund ab, sodass sich Einkäufer auf strategische Aufgaben konzentrieren können, statt administrative Brände zu löschen.
Warum ist die Optimierung der Beschaffung heute unverzichtbar?
Der Einkauf ist längst nicht mehr nur eine Abteilung, die Bestellscheine abtippt. In modernen Unternehmen ist die Beschaffung ein strategischer Wettbewerbsvorteil. Veraltete, manuelle Prozesse fressen Ressourcen, führen zu Fehlern und verhindern Transparenz.
“Wer beim Einkaufspreis spart, aber in den Prozesskosten ertrinkt, hat am Ende nichts gewonnen. Wahre Effizienz zeigt sich nicht auf dem Preisschild, sondern in der Abwicklung.”
Die häufigsten Schmerzpunkte in nicht-optimierten Abteilungen:
- Hoher manueller Aufwand durch Papierkram und E-Mail-Pingpong.
- Mangelnde Transparenz über Ausgaben (Wer kauft was zu welchem Preis?).
- Lange Durchlaufzeiten von der Anforderung bis zur Lieferung.
- Keine verlässlichen Daten für Verhandlungen mit Lieferanten.
Schritt 1: Die Ist-Analyse und Prozessaufnahme
Bevor Sie Prozesse verbessern können, müssen Sie verstehen, wo die Engpässe liegen. Beginnen Sie mit einer ehrlichen Bestandsaufnahme.
Identifizieren Sie die Schwachstellen:
Analysieren Sie den gesamten “Procure-to-Pay”-Zyklus. Stellen Sie sich folgende Fragen:
- Wie viele Genehmigungsschritte benötigt eine einfache Bestellung?
- Wie hoch sind die Prozesskosten pro Bestellung? (Oft liegen diese bei manuellen Bestellungen zwischen 50€ und 100€).
- Wo treten Medienbrüche auf? (z. B. Daten aus einer E-Mail werden manuell ins ERP abgetippt).
Tipp: Nutzen Sie Process Mining Tools, wenn Sie bereits digitale Spuren hinterlassen, oder führen Sie Workshops mit den operativen Einkäufern durch, um die realen (nicht die theoretischen) Abläufe zu skizzieren.
Schritt 2: Digitalisierung und E-Procurement
Der größte Hebel zur Optimierung ist die Automatisierung. Excel-Listen und Papierformulare sind Fehlerquellen. Hierbei gilt jedoch ein wichtiger Grundsatz:
“Digitalisierung ist kein Zauberstab, der Chaos in Ordnung verwandelt. Wer einen schlechten Prozess digitalisiert, hat danach lediglich einen schnelleren schlechten Prozess.”
Vorteile eines E-Procurement-Systems:
- Automatisierte Workflows: Genehmigungen erfolgen digital per Klick, nicht per Unterschriftenmappe.
- Katalogbasierte Beschaffung: Mitarbeiter bestellen C-Teile (Büromaterial, Arbeitsschutz) aus vorverhandelten Katalogen wie in einem Onlineshop.
- Schnittstellen: Das System kommuniziert direkt mit der Buchhaltung und dem Warenwirtschaftssystem.
Vergleich: Manuell vs. Digital
- Manuell: Bedarf per E-Mail -> Genehmigung per Unterschrift -> Manuelle Bestellung -> Rechnung per Post -> Manuelle Prüfung.
- Digital: Bedarf im System -> Automatische Genehmigung (bei Limits) -> Elektronische Bestellung -> E-Invoicing -> Automatischer Abgleich.
Schritt 3: Lieferantenmanagement strategisch neu ausrichten
Optimierung bedeutet nicht nur interne Prozesse, sondern auch die Arbeit an der Schnittstelle nach außen.
Bündelung der Lieferanten:
Viele Unternehmen haben zu viele Lieferanten für dieselben Warengruppen. Das erhöht den administrativen Aufwand enorm.
- Strategie: Reduzieren Sie die Anzahl der Kreditoren (Lieferanten). Bündeln Sie Volumen bei wenigen, leistungsstarken Partnern, um bessere Preise und Konditionen (Rabatte, Zahlungsziele) zu verhandeln.
Bewertungssysteme einführen:
Etablieren Sie ein regelmäßiges Supplier Relationship Management (SRM). Bewerten Sie Lieferanten nicht nur nach Preis, sondern nach:
- Liefertreue (Pünktlichkeit).
- Qualität der Ware.
- Innovationsfähigkeit.
Schritt 4: Maverick Buying bekämpfen
Ein stiller Kostenfresser ist das sogenannte „Maverick Buying“ – das wilde Einkaufen am Einkauf vorbei. Fachabteilungen bestellen schnell selbst etwas im Internet oder beim Händler um die Ecke, weil der offizielle Prozess zu langsam ist.
Die Folgen:
- Verlust von ausgehandelten Rabatten.
- Hoher Aufwand in der Buchhaltung (viele Einzelrechnungen unbekannter Lieferanten).
- Rechtliche Risiken bei Verträgen.
Die Lösung:
Machen Sie den offiziellen Weg zum einfachsten Weg („User Experience“). Wenn das interne Bestellsystem so einfach funktioniert wie Amazon, haben Mitarbeiter keinen Grund mehr, den Prozess zu umgehen. Ergänzen Sie dies durch klare Richtlinien, dass Rechnungen ohne Bestellnummer nicht beglichen werden.
Deep Dive: C-Teile-Management – Der Hebel für Sofort-Einsparungen
Wenn Sie Prozesskosten senken wollen, müssen Sie das C-Teile-Management verstehen. C-Teile sind Güter mit geringem Wert, aber hohem Beschaffungsaufwand (z. B. Schrauben, Büromaterial, Reinigungsmittel).
Das Problem: Die 80/20-Falle
Im Einkauf gilt oft das Pareto-Prinzip: C-Teile machen zwar oft 80% der Bestellvorgänge aus, repräsentieren aber nur 20% (oder weniger) des Einkaufsvolumens.
- Das Dilemma: Ein Mitarbeiter bestellt einen Toner für 50 Euro. Der interne Prozess (Bedarfsmeldung, Genehmigung, Bestellung, Wareneingang, Rechnungsprüfung) kostet das Unternehmen aber 100 Euro an Arbeitszeit. Die Prozesskosten sind also doppelt so hoch wie der Warenwert!
Die Strategie zur Optimierung:
Hier darf keine Zeit verschwendet werden. Das Ziel ist die vollständige Automatisierung.
- Desktop-Purchasing-Systeme: Binden Sie Kataloglieferanten (z. B. für Büromaterial) direkt an. Der Mitarbeiter bestellt wie in einem Webshop, die Bestellung geht ohne Prüfung (bis zu einem Limit) direkt raus.
- Kanban-Systeme: Für Produktionsmaterial (z. B. Schrauben) werden Behälter eingesetzt. Ist ein Behälter leer, löst dies automatisch (z. B. per RFID-Scan) eine Nachbestellung aus. Kein Einkäufer muss hier eingreifen.
- Vending Machines: Ausgabeautomaten für Arbeitsschutz (Handschuhe, Brillen) oder Werkzeug. Der Mitarbeiter zieht sich die Ware mit seinem Ausweis, die Abbuchung und Nachbestellung erfolgen automatisch.
Fazit des Deep Dive: Wer seine Beschaffungsprozesse optimieren will, muss bei den C-Teilen beginnen. Hier ist das Verhältnis von Aufwand zu Ertrag bei manuellen Prozessen am schlechtesten – und das Einsparpotenzial durch Automatisierung am höchsten.
Fazit: Nachhaltig Beschaffungsprozesse optimieren für langfristigen Erfolg
Wenn Unternehmen ihre Beschaffungsprozesse optimieren, ist das kein einmaliges Projekt, sondern ein fortlaufender Verbesserungsprozess (KVP). Wer heute in Digitalisierung und strategisches Lieferantenmanagement investiert, senkt nicht nur die Prozesskosten drastisch, sondern macht sein Unternehmen widerstandsfähiger gegen Marktschwankungen.
Zusammenfassung der nächsten Schritte:
- Analysieren Sie Ihre aktuellen Prozesskosten.
- Identifizieren Sie C-Teile, die automatisiert werden können.
- Reduzieren Sie Ihre Lieferantenbasis.
- Implementieren Sie digitale Genehmigungsworkflows.
FAQ zum Thema Beschaffungsprozesse optimieren
Was sind die häufigsten Fehler, wenn man Beschaffungsprozesse optimieren will?
Der größte Fehler ist, schlechte analoge Prozesse 1:1 zu digitalisieren. Ein schlechter Prozess bleibt auch digital schlecht. Zuerst muss der Prozess vereinfacht („schlank gemacht“) werden, dann sollte die Software folgen. Zudem wird oft das „Change Management“ vergessen – die Mitarbeiter müssen geschult und mitgenommen werden.
Wie viel Geld kann man durch Prozessoptimierung im Einkauf sparen?
Während die Einsparungen bei den Materialkosten stark von der Branche abhängen, lassen sich die Prozesskosten (die Kosten für die Abwicklung einer Bestellung) durch Digitalisierung oft um 30% bis 50% senken.
Was ist der Unterschied zwischen operativem und strategischem Einkauf?
- Operativer Einkauf: Kümmert sich um das Tagesgeschäft – Bestellschreiben, Terminüberwachung, Rechnungsprüfung. Ziel: Effizienz.
- Strategischer Einkauf: Kümmert sich um die langfristige Ausrichtung – Lieferantenauswahl, Verhandlungen, Rahmenverträge, Marktanalyse. Ziel: Effektivität und Wertschöpfung.
Wenn Sie Ihre Beschaffungsprozesse optimieren, zielen Sie oft darauf ab, den operativen Aufwand zu minimieren, um mehr Zeit für strategische Aufgaben zu gewinnen.
Welche Rolle spielt KI beim Optimieren der Beschaffung?
Künstliche Intelligenz wird zunehmend wichtig für die Analyse von Spend-Daten (Ausgabenanalysen), die Vorhersage von Bedarfen (Predictive Procurement) und das Risikomanagement in der Lieferkette.
Mario Schmidtgen
Co-Founder & CEO
Mario Schmidtgen und Tobias Maurer haben zusammen über 30 Jahre Erfahrung in der Einkaufsberatung.
Tobias Maurer
Co-Founder
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